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Klimaschutz-FinanzierungSuperreiche sollen für das Klima bezahlen, fordert die Juso

Vermögende leben ökologisch im Durchschnitt auf viel grösserem Fuss als das Gros der Bevölkerung.

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Die Österreicherin Marlene Engelhorn ist Aktivistin – und Millionenerbin. Als Nachfahrin von BASF-Gründer Friedrich Engelhorn hat sie sehr viel Geld geerbt – Geld, das ihrer Ansicht nach stärker versteuert gehört. «Ich kann», sagte sie diesen Februar, «nicht in einer Gesellschaft leben, wo ich weiss: Mein Überreichtum ist nur dadurch möglich, dass 99 Prozent der Gesellschaft jeden Tag arbeiten und Steuern zahlen, während ich weder Steuern zahle, noch arbeiten muss.»

Mit ihrer Haltung gilt Engelhorn in ihrer Vermögensklasse als Exotin. Die 31-Jährige ist Teil einer europäischen Bürgerinitiative, welche die EU-Kommission auffordert, europaweit eine Steuer auf grosse Vermögen einzuführen. Das Geld soll helfen, den Klimaschutz und den Umbau der Wirtschaft zu finanzieren.

Nun rückt das Thema auch in der Schweiz auf die politische Agenda – in Form der «Initiative für eine Zukunft», welche die Juso lanciert hat. Mitte Februar läuft die Sammelfrist ab. Und jetzt ist klar: Das Volksbegehren kommt zustande. Mehr als 130’000 Unterschriften sind gesammelt, wie Juso-Präsident Nicola Siegrist bestätigt. «Wir planen, im Februar einzureichen.»

Millionenerbin Marlene Engelhorn fordert eine stärkere Besteuerung von Vermögen.

Die Initiative fordert eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent auf Vermögen über dem Freibetrag von 50 Millionen Franken. Wie viele Menschen so viel Geld haben, lässt sich aufgrund der groben Datenlage bei Bund und Kantonen nicht genau sagen. Die Statistik für 2020 zeigt nur, dass es etwa 20’000 Steuerpflichtige mit einem Nettovermögen von über 10 Millionen Franken gibt. Angaben nach Altersgruppen liegen nicht vor.

2000 Personen betroffen?

Die Juso rechnet mit 2000 betroffenen Personen pro Jahr und jährlichen Einnahmen von circa 6 Milliarden Franken – zwei Drittel sollen an den Bund fliessen, der Rest an die Kantone. Das Finanzdepartement sagt auf Anfrage, die Juso-Schätzung könne auf Basis der verfügbaren Informationen «nicht ausgeschlossen werden».

«Wir bitten die Superreichen zur Kasse», sagt Juso-Präsident Nicola Siegrist.

Die Steuer beträfe jedenfalls eine kleine Minderheit der Bevölkerung. «Wir bitten die Superreichen zur Kasse», sagt Siegrist. Die Klimakrise sei die dringlichste Herausforderung unserer Zeit. Bundesrat und Parlament hätten bislang aber darin versagt, mit der nötigen Konsequenz zu reagieren.

Das Geld bei den Reichsten zu holen, hält die Juso für sozial und verursachergerecht. Siegrist verweist auf Studien, die darlegen, dass in einer Pro-Kopf-Betrachtung die Reichsten viel mehr Klimaschäden als das Gros der Bevölkerung verursachen, einerseits mit Investitionen in fossile Anlagen, aber auch wegen ihres Lebensstils mit Privatjets und Jachten.

So etwa zeigt der Ungleichheitsbericht vom World Inequality Lab, ein Projekt der Pariser Universität: In der Schweiz ist ein Mensch mit niedrigem Einkommen pro Jahr für einen CO2-Ausstoss von 9 Tonnen verantwortlich. Unter dem reichsten Prozent sind es pro Kopf im Durchschnitt 195 Tonnen, also mehr als das 20-Fache.

Initiative 2015 klar gescheitert

Über die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer hat die Schweiz zuletzt 2015 gestritten. Das Stimmvolk verwarf mit 71 Prozent eine von linken Kreisen lancierte Volksinitiative, die eine nationale Erbschafts- und Schenkungssteuer von 20 Prozent verlangte. Damit verblieb die Hoheit bei diesem Thema bei den Kantonen, die unterschiedlich hohe Steuersätze erheben. Eheleute und Kinder sind in praktisch allen Kantonen von der Erbschaftssteuer befreit.

Die Volksinitiative polarisierte damals recht scharf zwischen links und dem bürgerlichen Lager. Und so dürfte es auch diesmal sein – angesichts schärfer werdender Verteilkämpfe um öffentliche Gelder wohl umso mehr. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi sagt, bei einer Annahme der Initiative würden viele vermögende Personen schon zu Lebzeiten aus der Schweiz wegziehen, um im Todesfall nicht hier steuerpflichtig zu sein. «Damit bräche viel wertvolles Steuersubstrat für Bund und Kantone weg.»

Nationalrat Andri Silberschmidt warnt vor der Juso-Initiative.

Die Initiative, ergänzt FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt, «würde so zu einer direkten Mehrbelastung des Schweizer Mittelstandes führen». Aeschi verweist warnend auf Norwegen: Weil dort die Steuern stark steigen, verlassen seit Monaten Milliardäre und Multimillionäre das Land, ein Teil davon hat sich in der Schweiz niedergelassen.

Rechtsexpertin übt Kritik

Die Initiative dürfte auch unter Rechtsexperten zu reden geben. Andrea Opel, Professorin für Steuerrecht an der Universität Luzern, kommt zum Schluss, dass das Volksbegehren mit verschiedenen Bestimmungen der Bundesverfassung kollidiere.

Am schwersten wiegt aus ihrer Sicht folgender Punkt: Gemäss Bundesverfassung seien alle Personen nach denselben gesetzlichen Regeln zu besteuern. Die Initiative jedoch wolle die Kosten zur Bewältigung der Klimakrise einem ausgewählten Kreis von Personen auferlegen, so Opel.

Problematisch findet Opel zudem, dass die Steuerlast nicht bei den ins Auge gefassten «Superreichen» anfiele. Die Steuer trügen vielmehr die Erben und Beschenkten. Denen aber könne kaum unterstellt werden, sie würden allein durch den Vermögensanfall zu den künftigen Hauptverursachern der Klimakrise zählen.

Opel warnt wie Aeschi und Silberschmidt vor dem Verlust von Steuersubstrat und Arbeitsplätzen: «Die Zukunftssteuer läuft Gefahr, das Gegenteil des Intendierten zu erreichen.»

Juso-Präsident Siegrist entgegnet, mit diesem Argument werde von rechts jeder Versuch für mehr Steuergerechtigkeit bekämpft. Die Schweiz aber sei nicht einfach wegen der tiefen Steuern attraktiv. Die Initiative wolle zudem eine Steuerflucht aus der Schweiz verhindern. Tatsächlich verpflichtet sie gemäss Wortlaut Bund und Kantone, entsprechende Massnahmen zu erlassen. Welche genau, dazu sagt sie allerdings nichts. Man sei daran, Umsetzungsvorschläge auszuarbeiten, sagt Siegrist.

Der mögliche Verlust an Steuersubstrat wäre jedenfalls beträchtlich. Gemäss Bundesrat kommt das oberste 1 Prozent der Steuerpflichtigen für rund 40 Prozent der Steuerzahlungen auf, die obersten 10 Prozent für 78 Prozent. Derweil steuern die unteren 50 Prozent der Steuerpflichtigen rund 2 Prozent bei.

Appell an GLP und Mitte

Hinter der Initiative stehen bis jetzt einzig linke Kreise: SP, Grüne, Gewerkschaften und ökologische Gruppierungen. Offen ist, wie sich GLP und Mitte positionieren werden. Juso-Chef Siegrist ist klar: «Sie müssen sich entscheiden, ob sie die breite Bevölkerung oder die Reichsten bezahlen lassen wollen.»

Mitte-Chef Gerhard Pfister und GLP-Präsident Jürg Grossen wollen sich zur Initiative noch nicht äussern. Aus der Mitte-Partei werden aber erste Vorbehalte laut. Steuern auf Erbschaften stünden allein den Kantonen zu, sagt Ständerat Peter Hegglin. Er lehne die Initiative ab.

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