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Mode-Event des JahresAnna Wintour rief zur Met-Gala, und die Stars kamen in Strömen

Ein textiles Blütenmeer an der grossen Modeausstellung in New York, hier Anna Wintour.

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«Blüten? Im Frühling? Revolutionär!» Das Zitat aus dem Film «Der Teufel trägt Prada» gehört zu den Lieblingssprüchen der Modewelt. Eine nicht nur vage von Anna Wintour inspirierte Chefredaktorin, gespielt von Meryl Streep, watscht den allzu naheliegenden Vorschlag einer unterbelichteten Untergebenen für eine Modestrecke ab.

So, und nun bittet die echte Anna Wintour, wie jeden ersten Montag im Mai – Wonnemonat, Peak-Frühling – zur Met-Gala, der Spendengala des Metropolitan Museum of Art, besser bekannt als die grösste Modesause des Jahres, und das Motto des Abends lautet, ernsthaft, «Garden of Time». Wenn das mal nicht für jede Menge Blumenkleidchen und florale Applikationen auf dem roten Teppich sorgt. Bahnbrechend.

Es kam, wie es kommen musste: Scharen von Gästen liefen mit riesigen Rosetten an Revers oder Schleppe auf, mit Kränzen im Haar und Blumentattoos auf der Haut. Demi Moore blühte sehr buchstäblich auf.

  • Gigi Hadid kam in einer spektakulären Robe von Thom Browne mit Blumen und dekonstruiertem Jackett als Rock.

  • Selbst Anna Wintour trug einen mit Blüten bestickten Mantel.

  • Und die irre Blumenwiese von Katy Perry? Da war die KI am Werk, die Sängerin war gar nicht auf der Gala, wie sie auf Instagram zusammen mit den gefälschten Bildern mitteilte.

Wie eine riesige Bundesgartenshow

Über weite Strecken wirkte der Abend wie eine riesige Bundesgartenshow – die übrigens nicht auf einem roten, sondern einem grasgrünen Teppich mit Farbverlauf und Rosenhecke stattfand.

  • Taylor Russell kam als Baum und trug ein Kleid mit einer Korsage aus Holz.

  • Auch aus Lana Del Reys Kleid schienen Äste zu wachsen, die dann mit einem Vorhang (eine kleine Voliere? Ein Imkerhut?) um den Kopf behangen waren, was wirklich legendär bescheuert aussah.

  • Mike Faist, der gerade mit «Challengers» im Kino zu sehen ist, kam mit Radieschen statt Nelke am Revers. Selten war mehr Kraut und Rüben bei der Met.

Mike Faist: Ein Radieschen am Revers.

Und selten wurde wahrscheinlich weniger geatmet, geschweige denn gegessen. Die Mitarbeiter, die sonst vor allem Schleppen schleppen, sah man diesmal ständig ganze Frauen tragen, weil die in ihren engen Kleidern kaum einen Schritt und schon gar keine Stufen gehen konnten.

Kim Kardashian toppte ihren «Ich hab mich in Marilyn Monroes Kleid gehungert»-Auftritt von 2022 noch einmal und ozempicste sich womöglich diesmal, um in ein silbernes Margiela-Blätter-Kleid von John Galliano zu passen, dessen Korsett so eng war, dass zahlreiche Memes das Netz fluteten.

Wie sich wohl die armen Organe darin fühlten? Zu schade, dass bei der Gala selbst keine Kameras erlaubt sind – man hätte gern gesehen, ob schnell noch ein paar Stehtische angekarrt wurden.

Je später der Abend, desto weniger Blumen gab es zu sehen

Je später der Abend und je wichtiger die Gäste, desto weniger Blumen waren dann zu sehen. Dafür alles Mögliche andere.

  • Kylie Jenner kam in einem weissen Korsagenkleid,

  • Nicole Kidman in einer schwarz-weissen Balenciaga-Robe.

  • Jennifer Lopez, immerhin Co-Gastgeberin, trug ein silbernes Kleid mit kleinen Flügelchen von Schiaparelli. (Wer auf Ben Affleck als Waldschrat, Robin Hood oder dergleichen gehofft hatte – Fehlanzeige.)

Hatten die denn nicht das Memo bekommen?

Die armen Organe! Jennifer Lopez mit Flügelchen am Kleid.

Dazu muss man wissen: In diesem Jahr wurde im Vorfeld der Met der ein oder andere Bock geschossen. Zunächst einmal hatte Wintour einen neuen lukrativen Sponsor an Land gezogen: Tiktok – also genau jenes Unternehmen, das jetzt vom Kongress zum Zwangsverkauf verdonnert wurde. Ein ziemliches PR-Desaster.

Und dann lautet der Titel der diesjährigen Modeausstellung, die die Gala eröffnet, eigentlich «Sleeping Beauties: Reawakening Fashion». Zu sehen sind besonders delikate, fragile Stücke aus der Sammlung des Museums, die teilweise mit moderner Technologie zum Leben erweckt wurden. Von wegen Dornröschen und Wachküssen und so. Weil man aber offensichtlich nicht allen Gästen (oder deren Stylisten) zutraute, dass sie sich darauf einen Reim machen könnten, wurde zum ersten Mal ein anderes Motto für den Dresscode hinterhergeschoben, deshalb der «Garden of Time».

Da waren aber die ersten Kleider natürlich längst in Planung, vor allem lauter Vintage Looks, die – eigentlich mottogetreu – von den Trägerinnen zu neuem Leben erweckt würden. Also etwa Nicole Kidmans Balenciaga-Robe, die eine Neuinterpretation eines Couture-Kleids von 1951 war.

  • Oder Kendall Jenners Archivmodell von Givenchy, das seit der Show 1999 im Archiv schlummerte und die damit eher wie die böse Fee aus «Dornröschen» aussah.

  • Auch Schauspielerin Rebecca Ferguson aus «Dune» ging lieber ganz in Schwarz.

  • Und dann kam Zendaya, diesmal ebenfalls Co-Gastgeberin, und sie kam nicht einmal, sondern gleich zweimal, weil das halt doppelt Eindruck macht. Sie trug Margiela by John Galliano, das aber eigentlich auf einen Entwurf von Dior by John Galliano von 1999 zurückgeht.

Ein dunkelblaues Kleid mit Trauben und Vögelchen auf der Schulter, dazu ein morbides Porzellan-Make-up, wie es bei dieser Margiela-Show jüngst so abgefeiert wurde.

Zendaya macht doppelt Eindruck

Zwei gute Stunden später trat sie dann noch einmal in einem dramatischen Vintage-Givenchy-Kleid, 1996, wieder Galliano, mit Blumenbouquet auf dem Kopf auf.

Der zweite Auftritt von Zendaya, mit Blumenbouquet auf dem Kopf.

Wenn das Schaulaufen bei der Met als «Superbowl der Mode» bezeichnet wird, weil alle Welt hinschaut, aber auch, weil es ein bisschen ums modische Ausstechen der anderen geht, dann war das hier ein doppelter Touchdown.

Jetzt aber noch mal zurück zum Gartenthema. «Garden of Time» geht auf eine Kurzgeschichte des britischen Schriftstellers J.G. Ballard aus dem Jahr 1962 zurück. Klingt spontan nach Schönheit und Vergänglichkeit, Kreislauf der Natur. Wer diese allzu naheliegende Interpretation wegen «florals, groundbreaking» für eine Falle hielt, wählte deshalb lieber – Garten der Zeit! – ein Uhrenmotiv.

Daher das mit echtem Sand gestrahlte Kleid von Balmain plus Sanduhren-Handtasche bei Tyla und jede Menge Alibiuhren an männlichen Handgelenken.

Wer sich die Handlung allerdings mal genauer ansieht, entdeckt Graf Axel und seine Frau, die in einem prächtigen, ummauerten Anwesen leben, um sie herum eine Wiese aus glasartigen Zeitblumen. Aber in der Ferne rückt ein wütender Mob an, deshalb pflückt Axel ständig eine der Blumen, die kurz mal die Zeit anhalten. Aber irgendwann sind keine mehr übrig, es passiert das Unvermeidliche: Die Menge stürmt die Mauern, findet aber nur noch eine heruntergekommene Villa mit zwei Steinstatuen des Ehepaares vor.

Ein interessanter Subtext für ein Event der oberen Zehntausend, bei dem ein Tisch, angeblich, um die 300’000 Dollar kostet. Und eine hübsche Parabel darauf, dass mittlerweile nicht nur die Kardashians hier Stammgäste sind, sondern jetzt selbst Leute wie die Bezos-Verlobte Lauren Sánchez und der Tiktok-CEO Shou Zi Chew die Hochkultur stürmen.

  • Trug Doja Cat deshalb nur ein durchnässtes weisses T-Shirt, weil sie sich zur Revolte zählt?

  • Waren Bad Bunny und Jeff Goldblum mit ihren Orden am Revers Wiedergänger des alten Axels?

Ein Spektakel der Selbstdarstellung

So oder so war der Abend wie immer ein Spektakel der Selbstdarstellung. Wenn die Kameras die Stufen gelegentlich aus der Vogelperspektive einfingen, ging es dort wie auf einem Ali-Mitgutsch-Wimmelbild der Eitelkeiten zu. Promis, die ungeduldig in der Schlange auf ihren Auftritt warteten, Helfer, die eilig Schleppen der Vorgängerinnen aus dem Weg räumten. Hüfte raus, Bauch rein, Fotoface an. Und dann spulten vor der «Vogue»-Kamera alle brav herunter, wer ihr Kleid gemacht hat und wie viele Mitarbeiter in wie vielen Stunden «die Vision» zum Leben erweckt hatten. Denn, nicht vergessen, es geht hier um museumsreife Mode.

Allein, die Masche funktioniert. Rote, grüne oder was auch immer für Teppiche haben eine stark steigende Einschaltquote. Die Leute schauen massenhaft hin, was die Stars da wieder anhaben. Auf Fotos aus den Neunzigern tragen Gisele Bündchen, Kate Moss oder Lady Di einfach, groundbreaking, Abendkleider bei der Met. Jetzt hingegen versucht jeder, virale Momente für sich und die Modemarke zu generieren, und hat dann im Zweifelsfall eine Voliere am Hals.

Sienna Miller mit Zoe Saldana und Emma Mackey als Vertreterinnen der Fraktion, die das Motto der Party stur ignorierten.

Jedenfalls fast jeder. Die Null-Bock-Fraktion jeder Mottoparty, die das Thema stur ignoriert, gibt es bei der Met natürlich auch. Sienna Miller trug einfach das neue Chloé, Chris Hemsworth und seine Frau blieben blass in Beige, Tom Ford kam im üblichen bordeauxroten Smoking – seit dem Verkauf seiner Marke aber nicht mehr von Tom Ford, sondern von seinem früheren Arbeitgeber Saint Laurent. Autsch.

Neben all den Vintage-Kleidern, die zu neuem Leben erweckt wurden, war das eigentliche Dornröschen des Abends übrigens selbst gar nicht anwesend: John Galliano, der einst wegen antisemitischer Beleidigungen im Suff in Ungnade fiel, ist der Designer der Stunde. Kardashian, Bad Bunny, die doppelte Zendaya, Adrien Brody, die britische Schauspielerin Gwendoline Christie – so viel Galliano war selbst zu seinen besten Zeiten bei Dior nicht. Angeblich hatte Anna Wintour sogar eine Met-Ausstellung zu Galliano geplant, aber zu viel Gegenwehr dafür bekommen. Dann eben als inoffizielles Motto des Abends.