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Deutscher Bundespräsident mit Fauxpas Steinmeier verärgert Deutsch­türken mit Döner in Istanbul

Wohl eigentlich gut gemeint: Frank-Walter Steinmeier besucht die Türkei und sägt an einem Dönerspiess.

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Nein, der Kebab, den der Bundespräsident in die Türkei mitbrachte, war nicht das Problem. Döner ist ja selten ein Problem, Döner ist oft die Lösung. Und zwar, da hatte der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier recht, sowohl in Berlin als auch in Istanbul. Döner verbindet.

Dass einmal ein deutsches Staatsoberhaupt nach Istanbul fliegen und dort an einem Dönerspiess säbeln könnte, war nicht abzusehen, als vor sechs Jahrzehnten die Arbeiter aus der Türkei in die Bundesrepublik kamen. Auch nicht abzusehen war, dass deren Nachkommen dort Minister und Krebsforscherinnen werden würden. Imbissbesitzer sowieso – und dies nicht «nur», wie es in manchen Kommentaren zuletzt leicht herablassend hiess.

Offenbar waren Steinmeier und sein Team überrascht

Türkisches Streetfood gehört zu Deutschland. Architekten mit türkischen Wurzeln gehören dazu, Ärztinnen und Fabrikarbeiter. «Ihre Geschichten prägen mein Land», sagte Steinmeier am Mittwoch neben Präsident Erdogan in Ankara.

Doch die Kritik an Steinmeiers Spiess kam vor allem aus der deutschtürkischen Community. Und das führt zum Problem, das der Bundespräsident streifte, als er mit dem Dönermesser in der Hand am Bosporus stand. Es war das Bild, das von der Reise bleiben wird. Offenbar überraschte es Steinmeier und sein Team, welche Reaktionen sie bekamen. Was davon erzählt, wie wenig Deutsche ohne Migrationsgeschichte noch immer die Erfahrungen derer verstehen, die neu ins Land kamen – oder deren Grosseltern ins Land kamen.

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Wie verstimmt viele Deutschtürken nun reagierten, zeugt von alten Verletzungen. «Die Türken», das waren aus Sicht vieler jene, die Fleisch in Fladenbrot packten. Man kann dem Bundespräsidenten nicht vorwerfen, dass er daran anschliessen würde, im Gegenteil, Steinmeier betonte auf seiner Reise die deutsch-türkischen Erfolgsgeschichten. Aber er zeigte sich eben auch mit Döner.

Kann es sein, dass sich an diesem Blick weniger geändert hat, als viele glauben wollen? Wie nehmen Menschen, die Müller oder Herrmann heissen, jemanden wahr, dessen Name einen türkischen oder arabischen Ursprung verrät – gehört dieser Mensch wirklich in jedem Moment dazu, voll und ganz? Kann es sein, dass viele nicht merken, dass sie «Türken» sagen, wenn sie die Urenkel der Gastarbeiter meinen, Menschen also, die vielleicht noch nie in Anatolien waren?

Hegen sie die falschen Sympathien, sind sie «die Türken»

Kann es also sein, dass vielen das Ressentiment nicht auffällt, das bedient, wer sagt, die «Türken» in Deutschland wählten alle Erdogan? In Wahrheit ist es die Minderheit. Aber sollten einige Zugewanderte eine Sympathie hegen für einen Politiker, den man in Deutschland nicht mag, dann sind sie: die Türken. So schnell geht das. Es war Frank-Walter Steinmeier, der nach dem 7. Oktober verlangte, die Muslime in Deutschland sollten sich von der Hamas distanzieren.

Die anderen also. So reden viele Deutsche mit deutschen Vorfahren oft unbewusst. Leider auch der Bundespräsident. Es ist die Tragik eines Staatsbesuchs, der als Dank an die Gastarbeiter gedacht war, dass er ebenjene ärgert, die man ehren wollte. Der präsidiale Döner wäre kein Problem, wenn es die Verletzungen nicht gäbe – oder dann, wenn sie ein Ding der Vergangenheit wären.

Seit Recep Tayyip Erdogan regiert, hat sich die Türkei in den Augen vieler wieder reduzieren lassen auf Urlaub am Strand, auf Fleisch am Spiess und auf ihn selbst, einen Präsidenten, der Klischees bestätigt und gegen Gebühr die Flüchtlinge fernhält. Die Klischees, sie treffen deshalb zum einen die Menschen in Deutschland mit türkischen Wurzeln, sie belasten aber auch das Verhältnis zur Türkei.

Steinmeier kommt in einem Moment der Hoffnung zu Besuch

Frank-Walter Steinmeier hat das Land kurz nach den Kommunalwahlen besucht, in einem Moment, in dem viele auf Wandel hoffen. Und ja, er traf neben Erdogan auch die erstarkte Opposition, gut so. Was darüber hinaus noch alles möglich gewesen wäre, zeigte kürzlich der griechische Premier Mitsotakis: Er begrüsste die türkischen Touristen auf den griechischen Inseln, die diese jetzt ohne Visum bereisen dürfen.

Was Griechenland schafft, könnte Deutschland auch hinkriegen. Oder? Es wäre ein Angebot zum Neuanfang, jenseits der Erdogan-Jahre mit ihrem «Immer weiter so». Für Deutsche in der Türkei ist Visafreiheit selbstverständlich, Steinmeier könnte sie für Türkinnen und Türken in Deutschland anregen. So viel Meinungsfreude des Präsidenten gegenüber der Politik dürfte schon sein. Es sei denn, man möchte die Türkinnen und Türken doch lieber auf Distanz halten.

Was will Deutschland von und mit der Türkei? Die Frage steht seit Jahren im Raum, unbeantwortet. Daran hat auch die Reise des Bundespräsidenten nichts geändert. Steinmeiers Döner wäre okay, wäre da nicht die deutsche Haltung und Politik, die der Mann am Spiess mit servierte: So richtig ernst meinen wir es immer noch nicht mit euch.