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Analyse zu Russlands KriegNach Amerikas Ja zur Ukraine-Hilfe muss Europa zwei Lehren ziehen

Die Bedrohung am Nachthimmel: Russische Raketen, abgefeuert aus der Region Belgorod, von der ukrainischen Stadt Charkiw aus beobachtet.

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Donald Trump hat auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social kürzlich einen bemerkenswerten Satz veröffentlicht. Er lautete: «Alle sind sich einig, dass das Überleben und die Stärke der Ukraine den Europäern viel wichtiger sein sollten als uns, dass es für uns aber auch wichtig ist!»

Kurz darauf stimmten die Republikaner im US-Kongress einem Gesetz zu, das weitere 60 Milliarden Dollar für die militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine freigibt. Das geschah mit dem ausdrücklichen Segen Trumps, der seine Partei zuvor monatelang dazu gedrängt hatte, ebendieses Hilfspaket zu blockieren.

In der Episode stecken zwei Lehren für Europa.

Europa darf sich nach dem US-Ja nicht zurücklehnen

Die erste betrifft die Ukraine. Man will es ja eigentlich nicht zugeben – aber Trump hat natürlich vollkommen recht: Das Überleben des angegriffenen Staats ist für die Europäer wichtiger als für die USA. Der vom russischen Diktator Wladimir Putin befohlene Überfall auf die Ukraine, der zum Ziel hat, ein souveränes, demokratisches Land zu liquidieren, ist eine Attacke auf die gesamte europäische Sicherheitsordnung. Wenn diese Ordnung kollabiert, weil die Ukraine den Krieg verliert, ist Amerika von der russischen Bedrohung immer noch einen Ozean entfernt. Who cares?

Die Europäer haben es dann hingegen unmittelbar an ihrer Ostgrenze mit einem aggressiven, hochgerüsteten, expansiven Russland zu tun, das von einem Mann beherrscht wird, der an dieser Ostgrenze eventuell nicht anhält.

US-Präsident Joe Biden hat das 60-Milliarden-Dollar-Gesetz meisterlich durchs Parlament gelotst.

In den europäischen Hauptstädten darf man daher erleichtert sein, dass das Albtraumszenario – ein jähes Ende der amerikanischen Hilfe für die Ukraine – vermieden wurde. Diesen Ausfall hätte Europa unter keinen Umständen kompensieren können. Besten Dank also an US-Präsident Joe Biden, den grossen transatlantischen Patrioten, der das 60-Milliarden-Dollar-Gesetz meisterlich durchs Parlament gelotst hat.

Aber es wäre ein enormer Fehler, sollten die EU-Regierungen zu dem Schluss kommen, sie könnten sich jetzt zurücklehnen, weil die Amis ja wieder zahlen. Das Gegenteil ist der Fall: Die Ukraine braucht das Geld und die Waffen aus den USA, aber sie braucht zusätzlich noch mehr Geld und Waffen aus Europa.

Es stimmt schon: Viele europäische Länder unterstützen die Ukraine, manche bis an die Grenze der Belastbarkeit. Trotzdem muss um jede Milliarde, jede Palette mit Granaten, jedes Flugabwehrsystem in der EU immer wieder wochenlang gerungen werden. Dass manche EU-Länder auch nach über zwei Jahren Krieg nicht sehen wollen, dass Europa ein originäres und überwältigendes eigenes Sicherheitsinteresse daran hat, ob Russlands Angriff mit einem Sieg oder einer Niederlage endet, grenzt fast schon an Realitätsverweigerung. Selbst Donald Trump ist da – siehe oben – inzwischen weiter.

Trump will ein starker Anführer sein

Die zweite Lehre, die Europa aus den Vorgängen in Washington ziehen kann, betrifft den Umgang mit Trump, sollte dieser die US-Präsidentschaftswahl im Herbst gewinnen. Es gibt verschiedene Spekulationen, warum Trump, der die Europäer als Schmarotzer verachtet, die Ukraine hasst und geschworen hat, ihr «keinen Cent» mehr zu geben, eingeknickt ist und zugelassen hat, dass Kiew stattdessen satte 60 Milliarden Dollar erhält.

Ein plausibler Grund: Trump liebt Stärke, deshalb bewundert er vermeintlich starke, diktatorische Anführer wie Wladimir Putin. Aber Trump hasst es, wenn er oder Amerika für schwache Verlierer gehalten werden, für loser.

Warum knickte er ein? Donald Trump begreift instinktiv, was es für Amerika und für ihn persönlich bedeuten würde, sollte Putin triumphieren.

Man liegt daher wohl nicht ganz falsch, wenn man annimmt, dass Trump von jenen Republikanern, die noch halbwegs vernünftig sind und die sehr genau sehen, was in der Ukraine auf dem Spiel steht, in den vergangenen Wochen eine einzige Botschaft eingehämmert bekommen hat: Wenn Russland gewinnt, verliert Amerika. Trump begreift instinktiv, was es für Amerika – und, wenn er wieder Präsident ist, auch ihn persönlich – bedeuten würde, sollte Putin triumphieren.

Von den Instinkten eines launischen Narzissten wie Trump abhängig zu sein, ist keine besonders stabile Grundlage für ein solides, gar warmes transatlantisches Verhältnis. Zu wissen, wie Trump funktioniert und wie man zu ihm durchdringt, kann den Europäern jedoch vielleicht dabei helfen, mit ihm in der Zukunft das eine oder andere politische Geschäft zu machen. Man muss ihn dann nur bei Truth Social behaupten lassen, alles sei seine geniale Idee gewesen.